Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem das zentrale Nervensystem angreift. Die Erkrankung ist nicht heilbar, doch ihr Verlauf kann durch entsprechende Therapien günstig beeinflusst werden. Eines der zentralen Merkmale der Multiplen Sklerose ist die Schädigung der Markscheiden (auch "Myelinscheiden" genannt), welche die Nervenfasern des zentralen Nervensystems umschließen und schützen.
Weltweit sind etwa 2,5 Millionen Menschen an Multipler Sklerose erkrankt. Laut Schätzungen der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV), sollen in Deutschland ca. 200.000 bis 220.000 Menschen betroffen sein. Häufig bemerken an MS erkrankte Menschen erste Symptome im Alter zwischen 20 und 40 Jahren, in letzter Zeit jedoch auch immer häufiger im Kindes- und Jugendalter sowie bei Menschen nach dem 45. Lebensjahr. Frauen sind etwa viermal häufiger betroffen als Männer.
Ursachen
Die Ursachen der Multiplen Sklerose sind gegenwärtig noch nicht eindeutig geklärt. Man ist sich sicher, dass bei der Entstehung der Krankheit verschiedene Faktoren eine Rolle spielen, darunter genetische Faktoren, aber auch äußerliche Einflüsse. So wird vermutet, dass unter anderem Masern-, Herpes- oder Epstein-Barr-Viren eine Rolle bei der Krankheitsentstehung spielen. Aber auch der Lebensstil scheint dazu beizutragen, dass eine MS-Erkrankung ausgelöst werden kann. So ist das Risiko, an MS zu erkranken, bei Rauchern und Menschen mit Übergewicht deutlich erhöht.
Verlaufsformen
Der Krankheitsverlauf kann sehr unterschiedliche Formen annehmen, weshalb man die Multiple Sklerose auch als "Krankheit der tausend Gesichter" bezeichnet. In der Medizin wird zwischen der "schubförmig-remittierenden" und der "progredienten" Verlaufsform unterschieden. Bei 80 bis 85% aller Patienten beginnt die MS schubförmig. Von der eher seltenen progredienten Verlaufsform sind hauptsächlich Menschen betroffen, die das 40. Lebensjahr bereits vollendet haben.
Bei der "schubförmig-remittierenden" MS treten die Symptome - wie der Name schon sagt - zunächst schubförmig auf. Ein solcher Schub kann mehrere Tage oder auch Wochen anhalten und anschließend wieder vollständig abklingen (remittieren). Im weiteren Krankheitsverlauf kommt es dann aber immer wieder erneut zu solchen Schüben, wobei meistens eine stetige Verschlechterung der Symptome zu beobachten ist, je mehr Schübe ein Patient bereits hinter sich hat. Auch der Gesundheitszustand zwischen den Schüben kann im Laufe der Zeit immer mehr beeinträchtigt werden.
Bei Patienten mit einer so genannten "progredienten" Verlaufsform ist von Beginn an eine eher schleichende und stetige Zunahme der Symptome zu beobachten (primär-progredienter Verlauf). Bei manchen Patienten kann es vorkommen, dass während dieser schleichenden Entwicklung zusätzlich einzelne Schübe auftreten. Man spricht dann von einem "sekundär-progredienten" Verlauf. Mehr als 50 Prozent der Patienten mit schubförmiger MS entwickeln nach durchschnittlich zehn Jahren eine sekundär-progrediente MS. Während sich die Anzahl der Schübe dabei verringert, nehmen die neurologischen Beeinträchtigungen zu. Schließlich bleiben die Schübe ganz aus, während die Symptome immer stärker werden.
Symptome
Der Pariser Neurologe und Psychiater Jean-Martin Charcot beschrieb bereits 1868 die für die Multiple Sklerose typischen Symptome, darunter das charakteristische rhythmische Augenzittern, das Zittern der Hände sowie Koordinationsstörungen beim Sprechen. Zu den häufigsten Symptomen bei einem Schub zählen unter anderem Sensibilitätsstörungen, starke Ermüdbarkeit, Gefühlsstörungen in den Beinen und Probleme beim Gehen sowie Entzündungen der Sehnerven. Da diese Symptome aber nicht zwangsläufig Ausdruck einer MS sein müssen, ist immer eine gründliche Diagnostik geboten.
Diagnostik
Um herauszufinden, ob ein Patient an MS leidet, sind mehrere Untersuchungen und Tests notwendig. Zunächst erfolgt für gewöhnlich eine neurologische Untersuchung. Eine Analyse der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquorpunktion) kann weitere Aufschlüsse darüber geben, ob eine MS vorliegt. Eine Magnetresonanztherapie (MRT) des Gehirns ermöglicht es bereits im Frühstadium der Erkrankung, Veränderungen zu erkennen. In einem solchen MRT-Bild sind bei mehr als 70% der Patienten Entzündungsherde sichtbar. Im Rahmen einer Elektroenzephalographie-Messung (EEG) wird die elektrische Aktivität des Gehirns gemessen, nachdem ein Patient verschiedenen Seh- und Hörreizen ausgesetzt wurde. Bei Patienten mit einer MS-Erkrankung zeigt sich hier häufig eine reduzierte Leitungsgeschwindigkeit der Nervensignale.
Therapiemöglichkeiten
Bisher kann die MS noch nicht durch medikamentöse Therapien geheilt werden. Aus diesem Grund zielt die Behandlung in aller Regel darauf ab, das Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern und die Symptome zu lindern. Im Februar 2018 erstellten 27 MS-Experten aus 13 Nationen eine Leitlinie zur Behandlung der MS. Es wurden verschiedene Medikamente entwickelt, welche den Angriff des Immunsystems auf die Nervenzellen bei Patienten mit schubförmiger MS abschwächen. Mit so genannten "Basistherapeutika", zu denen unter anderem Batainterferon-Präparate und Glatirameracetat zählen, sollen Schübe verhindert und das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt werden.
Im Januar 2018 wurde in der EU der Wirkstof Ocrelizumab (Handelsname OCREVUS ®) für die schubförmige MS und die primär-progrediente MS zugelassen. Es handelt sich um einen speziellen Antikörper, der sich gegen jene Zellen richtet, die vermutlich zu den Schädigungen der Myelinscheide beitragen. Dieser Wirkstoff wurde in drei großen klinischen Studien (Phase-III-Studien) geprüft, in denen insgesamt 2388 Patienten teilnahmen. Es zeigte sich, dass der Wirkstoff das Fortschreiten der Erkrankung bei primär-progredienter MS deutlich verringerte. MRT-Untersuchungen zeigten eine geringere Krankheitsaktivität im Gehirn.
Gegenwärtig wartet der Wirkstoff Siponimod (Handelsname MAYZENT ®) in Europa auf seine Zulassung. Es handelt sich um einen selektiven Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Modulator. In den USA ist das Medikament bereits zugelassen und wird dort schon seit geraumer Zeit zur Behandlung der MS eingesetzt.
Für einen Behandlungsansatz mit Weihrauch-Extrakt erhielt Dr. Klarissa Hanja Stürner 2018 den Nachwuchsforschungspreis der Charité. Eine Phase-II-Studie zeigte im MRT eine Abnahme der entzündlichen Krankheitsaktivität um über 60% bei Patienten mit schubförmiger MS. Die Studie kam darüber hinaus zu der Schlussfolgerung, dass dem Weihrauch-Extrakt als Behandlungsansatz vor allem während der frühen Behandlungsphasen der MS-Erkrankung eine sehr wichtige Bedeutung zugeschrieben werden kann.
Auch bei der Charité Research Organisation führen wir immer wieder klinische Studien mit neuen Wirkstoffen gegen Mutliple Sklerose durch. Bei Interesse als Patient an einer solchen Studie teilzunehmen, registrieren Sie sich bitte im unteren Formular. Wir werden uns telefonisch melden und Ihnen gern unsere Studien vorstellen.