Wissenswertes

Systemischer Lupus Erythematodes – Symptome & Therapie

Krankheitsbild
Systemischer Lupus Erythematodes (SLE) ist eine seltene, chronisch-entzündliche, in Schüben verlaufende Autoimmunerkrankung, die eine Vielzahl unterschiedlicher Symptome aufweist. In Deutschland sind etwa 30.000 bis 40.000 Menschen an SLE erkrankt. Die Lupus-Erkrankung tritt meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf und betrifft mit einem Anteil von 90 % wesentlich häufiger Frauen als Männer. Die Ursachen des SLE sind bis heute noch nicht vollständig geklärt. Derzeit geht man von einer Fehlregulation des Immunsystems aus. Das Immunsystem (eigentlich Abwehrsystem von Infektionen) greift den eigenen Körper an, indem es Autoantikörper (Antikörper gegen körpereigene Eiweiße) bildet. Die Autoantikörper gelangen ins Blut und können in verschiedenen Organen Entzündungen auslösen. Die dadurch bedingte variable Symptomatik macht die Sicherung der Diagnose SLE oft schwierig. 

Die ersten Anzeichen einer Lupuserkrankung können vielfältig sein – sie reichen von Gelenk- und Muskelschmerzen über UV-Licht bedingten rötlichen Hautausschlag im Gesicht („Schmetterlingserythem“) bis hin zu Kopfschmerzen und Erschöpfung. Eine SLE verläuft häufig schubweise. Das bedeutet, es wechseln sich akute Krankheitsphasen mit weitgehend beschwerdefreien Intervallen ab. Bei rund einem Drittel der Betroffenen wird die Lupus Erkrankung erst mehr als 24 Monate nach dem Beginn der Symptomatik diagnostiziert. Insbesondere bei Nierenbeteiligung (Lupusnephritis) kann dies schwerwiegende Folgen haben. Für eine Krankheitsaktivität in der Niere sprechen eine Hämaturie (Blut im Urin) und eine Proteinurie (vermehrte Eiweißausscheidung im Urin). Bei begründetem Verdacht auf Nierenbeteiligung erfolgt heutzutage die Indikation zur Nierenbiopsie (Entnahme von Nierengewebeproben für die feingewebliche Untersuchung) frühzeitiger. 

Lupus-Management und Therapie-Leitlinien
In den vergangenen 50 Jahren hat sich die Lebenserwartung der Betroffenen deutlich verbessert, was der Entwicklung neuer wirksamer Medikamente zu verdanken ist. Eine Heilungsmöglichkeit gibt es aber weiterhin nicht. Zudem geht die Langzeitanwendung von oralem Kortison und Immunsuppressiva mit einem erhöhten Risiko irreversibler Organschäden und einer damit verbundenen Beeinträchtigung der Lebensqualität einher. 

Um jeden Patienten optimal zu versorgen, müssen die von den wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Patientenvertretern erstellten Lupus-Leitlinien befolgt werden. Der Europäische  Zusammenschluss rheumatologischer Fachverbände (EULAR) aktualisiert fortlaufend die Lupus-Leitlinien entsprechend dem aktuellen medizinischen Wissensstand. Die Empfehlungen der EULAR werden kontinuierlich von der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) in die Therapie-Leitlinie für SLE aufgenommen. Wesentlich für den Erfolg der Lupus-Therapie sind demzufolge eine frühe SLE-Diagnose (einschließlich Labor), regelmäßiges Screening auf Organbeteiligungen (insbesondere der Nieren), der sofortige Therapiebeginn mit dem Ziel der Remission (oder niedriger Krankheitsaktivität, falls Remission unerreichbar) und die strikte Einnahme der Medikamente. Durch das Einhalten dieser Therapieprinzipien können Schübe und Organschäden reduziert, die Prognose verbessert und die Lebensqualität gesteigert werden.

Aufgrund der möglichen Variabilität der Symptome sollten die Therapieziele für jeden Patienten individuell festgelegt werden. Anzustreben ist eine komplette Symptomfreiheit (Remission) oder das Erreichen einer niedrigen Krankheitsaktivität durch derzeit verfügbare wirksame Medikamente. Die Therapieentscheidungen müssen gemeinsam zwischen Arzt und Patient getroffen werden. Die Wünsche der Patienten sollten berücksichtigt werden, insbesondere wenn es um Einschränkungen im Alltag oder den Verlust von Lebensqualität geht. Alle Patienten sollten auch hinsichtlich nicht-medikamentöser Maßnahmen geschult werden. Wichtig sind zum Beispiel ein wirksamer Sonnenschutz, Raucherentwöhnung, eine gesunde und ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und Maßnahmen zum Nieren-und Knochenschutz.  Lupus-Patienten sollten sich zudem vor bestimmten Infektionskrankheiten besonders schützen. Dazu gehört ein guter Impfschutz zur Vorbeugung von Herpes zoster (Gürtelrose), humanen Papillomavirus, Coronavirus oder Pneumokokken.

Medikamentöse Therapie

  • Antimalariamittel – nach wie vor Eckpfeiler jeder Lupus-Therapie 
    Antimalariamittel haben nachweislich positive Effekte auf den Lupus-Verlauf. Daher wird Hydroxychloroquin für alle Lupus-Patienten empfohlen, sofern keine Gegenanzeigen (z. B. Unverträglichkeit) bestehen. Die Dosierung richtet sich nach der Krankheitsaktivität. Dabei ist individuell das Risiko für Schübe und mögliche Nebenwirkungen an den Augen zu berücksichtigen. Vor und unter der Therapie mit Hydroxychloroquin sollten augenärztliche Kontrollen erfolgen.
  • Kortison –  so viel wie nötig und so wenig wie möglich
    Aufgrund der möglichen langfristigen Schäden durch Kortison sollte dieses möglichst nur kurzfristig eingesetzt werden, wenn es wirklich erforderlich ist. Bei moderaten und schweren Schüben können jedoch hohe intravenöse Kortisondosen (sogenannte Kortison-Pulsgaben für 1-3 Tage) erforderlich werden. Die weitere Dosierung erfolgt je nach Typ und Schweregrad der Organbeteiligung und sollte entsprechend aktueller EULAR-Empfehlung auf eine Erhaltungsdosis von maximal 5 mg/Tag (Prednison-Äquivalent) reduziert und nachfolgend möglichst komplett abgesetzt werden. 
  • Immunsuppressiva und/oder Biologika – falls Therapie-Intensivierung erforderlich 
    Nicht jeder Patient spricht auf ein Antimalariamittel (allein oder in Kombination mit Kortison) an. In diesem Fall empfehlen die Lupus-Leitlinien heutzutage den zeitnahen Einsatz von sogenannten Immunsuppressiva (Methotrexat, Azathioprin oder Mycophenolat) und/oder Biologika (Belimumab oder Anifrolumab). Letztere sind therapeutische (biotechnologisch hergestellte) Antikörper, die das körpereigene Abwehrsystem hemmen und dadurch SLE-Symptome  lindern können. Die Auswahl des geeigneten Medikaments orientiert sich an den individuellen Bedürfnissen jedes Patienten. Es ist demzufolge nicht mehr zwingend, zuerst ein Immunsuppressivum einzusetzen. Vielmehr kann bereits initial ein therapeutischer Antikörper verschrieben werden. Der therapeutische Antikörper Belimumab hat sich bereits seit mehr als 10 Jahren zur Behandlung von Erwachsenen mit aktivem, Autoantikörper-positivem SLE etabliert. Durch selektive Bindung an den B-Zell aktivierenden Faktor (BAFF) verhindert Belimumab dessen Bindung an B-Zell-Rezeptoren. In der Folge sterben B-Zellen vorzeitig ab (B-Zell-Verlust) und differenzieren nicht mehr zu Antikörper-bildenden Plasmazellen. Die Bildung von SLE-Autoantikörpern kann hierdurch reduziert werden. In klinischen Studien erwies sich der frühzeitige Einsatz von Belimumab beim extrarenalen SLE hinsichtlich Reduktion von Krankheitsaktivität, Organschäden und des Kortisongebrauchs als besonders wirksam. Basierend auf den Daten der BLISS-LN Studie ist intravenös und subkutan zu verabreichendes Belimumab seit 2021 auch zur Anwendung bei erwachsenen Patienten mit aktiver Lupusnephritis in Kombination mit immunsuppressiven Basistherapien zugelassen. Anifrolumab ist ein neuer therapeutischer Antikörper, der die Wirkung von Typ I Interferonen (körpereigene Entzündungsmediatoren) blockiert. Anifrolumab wurde in Europa (2022) aufgrund der positiven Ergebnisse der TULIP-Studien zugelassen. Mittlerweile liegen Daten der dreijährigen Nachbeobachtung (MUSE-Studie) zur Verfügung, die eine orale Kortisonreduktion sowie eine langfristig niedrige Krankheitsaktivität ohne neue Sicherheitsbedenken zeigen.

Lupus-Nephritis
Bei akuter Gefährdung von Organen (wie zum Beispiel der akuten Lupusnephritis), die lebensbedrohlich sein kann, wird das stark wirksame Immunsuppressivum Cyclophosphamid niedrig dosiert in Kombination mit Kortison intravenös verabreicht. Nach erfolgreicher Akut-Therapie sollte die Kombinationstherapie mit möglichst geringen oralen Kortisondosen für mindestens drei Jahre fortgeführt werden, um die Nieren langfristig zu stabilisieren. Cyclophosphamid sollte in der Langzeittherapie wegen der besseren Verträglichkeit durch andere Immunsuppressiva (Mycophenolat oder Azathioprin) und/oder therapeutische Antiköpern ausgetauscht werden. Seit kurzem steht mit Voclosporin nun auch ein oraler Calcineurin-Hemmer zur Verfügung, welcher derzeit stets in Kombination mit Mycophenolat zur Anwendung kommt. Wo immer möglich (s. Nebenwirkungen), bleibt das Antimalariamittel die dauerhafte Basistherapie.

Haut-Lupus
Zur Behandlung von Haut-Lupus können Kortison-Cremes auf die betroffenen Hautareale aufgetragen werden. Läsionen im Gesicht sollten jedoch bevorzugt mit Calcineurin-Hemmern (z. B. Tacrolimus 0.1% Salbe) behandelt werden, da diese im Gegensatz zu Kortison keine Hautatrophie (Verdünnung der Haut) verursachen. Als systemische Optionen kommen praktisch alle beim Lupus eingesetzten Substanzen infrage.

Antiphospholipidsyndrom (APS)
Das APS ist eine häufige Begleiterkrankung des SLE. Bei etwa der Hälfte aller Lupus-Patienten sind Autoantikörper gegen körpereigene Phospholipide nachweisbar, welche die Bildung von Blutgerinnseln (Thromben) fördern und zu Gefäßverschlüssen (Beinvenenthrombose, Lungenembolie Hirninfarkt) führen können. Bei Nachweis von Phospholipid-Autoantikörpern werden gerinnungshemmende Medikamente eingesetzt, um das Risiko von Gefäßverschlüssen zu senken. 

Stand der Forschung und zukünftige Perspektiven
Die Ursachen und Risikofaktoren für SLE sind weiterhin Gegenstand intensiver Forschung. Derzeit wird eine Fehlregulation des angeborenen und des erworbenen (adaptiven) Immunsystems als Hauptursache für SLE diskutiert.

Körpereigene Strukturen werden von fehlfunktionalen Immunzellen als körperfremd verkannt (Toleranzverlust). Die fehlregulierten Immunzellen produzieren entzündliche Zytokine (Signalüberträgerstoffe) und Autoantikörper gegen eine Vielzahl körpereigener Strukturen, die sich in Geweben ablagern und Organschäden verursachen können.

In jüngster Zeit hat sich die Forschung auf die Hemmung von Zytokinen konzentriert, die eine Brücke zwischen dem angeborenen und dem erworbenen Immunsystem bilden und einen möglichen Behandlungsansatz für den SLE darstellen. Von besonderem Interesse ist eine erfolgreiche Behandlung mit den therapeutischen Antiköpern Belimumab und Anifrolumab, die auf Zytokine abzielen, die von dendritischen Zellen produziert werden, wie z. B. lösliches BAFF (B-Zell aktivierender Faktor) bzw. Typ-I-Interferon (körpereigener Entzündungsmediator), die eine Brücke zwischen dem angeborenen und dem erworbenen Immunsystem bilden. 

Seit der Zulassung des therapeutischen Antikörpers Belimumab können die Folgen des fehlregulierten Immunsystems durch eine selektiv auf B-Zellen ausgerichtete Therapie wirksam reduziert werden. Die Behandlung mit Belimumab führt zu einer Reduktion von Krankheitsaktivität und Organschäden bei gleichzeitig reduziertem Kortisongebrauch. Es bleibt jedoch zu klären, warum andere Biologika, die auf B-Zellen ausgerichtet sind, wie Rituximab und Epratuzumab, bisher kaum oder gar nicht erfolgreich waren. Anifrolumab wirkt hingegen vorrangig auf dendritische Zellen (hochspezialisierte Immunzellen, die körperfremde Strukturen erkennen und deren Zerstörung anregen). Anifrolumab kann die SLE-Krankheitsaktivität sowie den Kortisongebrauch wirksam reduzieren.

Bringt die Behandlung mit therapeutischen Antikörpern auch keinen Erfolg (refraktäre Erkrankung), kann gegebenenfalls der Einsatz von Rituximab erwogen werden. In sehr komplexen, seltenen Fällen kann auch ein Plasmatausch („Blutreinigung“) angezeigt sein. Auch experimentelle Therapien, wie spezifische CART-Zellen, sind bereits vereinzelt (in besonders schweren Fällen) mit gutem Ergebnis angewendet worden. Die CAR-T-Zell-Therapie ist eine spezifische Immuntherapie, die bei SLE gegen individuell krankheitsauslösende Moleküle (Zielstrukturen) eingesetzt werden kann. 

Auch bei der Charité Research Organisation führen wir immer wieder klinische Studien mit neuen Wirkstoffen gegen Lupus erythematodes durch. Bei Interesse als Patient an einer solchen Studie teilzunehmen, registrieren Sie sich bitte im unteren Formular. Wir werden uns telefonisch melden und Ihnen gern unsere Studien vorstellen.

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