Wissenswertes
Herzinsuffizienz – Symptome & Therapie
Krankheitsbild
Nach Angaben des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung e. V. leiden in Deutschland rund vier Millionen Menschen an einer Herzschwäche (medizinisch: Herzinsuffizienz). Frauen sind dabei seltener betroffen als Männer. Eine Herzinsuffizienz ist in Deutschland der häufigste Grund für einen stationären Krankenhausaufenthalt (abgesehen von der Geburt). Im Jahr 2022 war die Herzinsuffizienz mit einem Anteil von 10,5 % die dritthäufigste Todesursache infolge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland.
Das Herz ist für die Leistungsfähigkeit des Körpers von entscheidender Bedeutung. Es pumpt das Blut durch den Körper und versorgt so alle lebenswichtigen Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen. Ist das Herz nicht mehr voll funktionsfähig, hat dies Folgen für den ganzen Körper. Je nachdem, welche Herzkammer betroffen ist, spricht man von einer Rechtsherzinsuffizienz oder einer Linksherzinsuffizienz. Eine globale Herzinsuffizienz liegt vor, wenn beide Herzkammern betroffen sind.
Bei einer Herzinsuffizienz können verschiedene Funktionen des Herzens beeinträchtigt sein. Ist die Pumpleistung des Herzens geschwächt, spricht man von einer systolischen Herzinsuffizienz. Das Herz kann dann nicht mehr die erforderliche Versorgung der Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen gewährleisten – insbesondere bei vermehrtem Bedarf, wie bei körperlicher Anstrengung. Es kommt zu verminderter körperlichen Belastbarkeit sowie zur Atemnot bei Anstrengung. Zudem sind Flüssigkeitseinlagerungen in Geweben und Organen (Lungenstauung, Beinödeme: geschwollene Knöchel bzw. „dicke“ Beine) die Folge.
Bei einer diastolischen Herzinsuffizienz bleibt die Pumpkraft des Herzens erhalten, aber die linke Herzkammer ist steif und kann nicht mehr ausreichend mit Blut gefüllt werden. Das zum Herzen zurückströmende Blut braucht einen höheren Druck, um die Herzkammern zu füllen. Dies kann in leichteren Fällen ohne Beschwerden bleiben, in fortgeschrittenen Stadien kann es aber zu einem Rückstau vor dem Herzen (Rückwärtsversagen) mit ähnlichen Folgen wie bei einer systolischen Herzinsuffizienz kommen. Folgen solch eines Rückstaus können Wassereinlagerungen (Ödeme) in der Lunge sein. Sowohl bei der systolischen als auch bei der diastolischen Herzinsuffizienz kann es zu Herzrhythmusstörungen kommen.
Ursachen
Eine Herzinsuffizienz ist keine eigenständige Erkrankung, sondern die Folge anderer Erkrankungen. Die häufigsten Ursachen für eine systolische Herzschwäche sind die koronare Herzerkrankung (verengte Herzkranzgefäße) oder ein Bluthochdruck. Auch Erkrankungen des Herzmuskels, der Herzklappen und der Lunge können Ursache einer systolischen Herzschwäche sein.
Eine diastolische Herzschwäche entsteht zumeist infolge einer Entzündung oder Verdickung des Herzmuskels. Sie kann jedoch auch die Folge von Begleiterkrankungen, wie Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck oder Vorhofflimmern, sein. Das Vorliegen der jeweiligen Begleiterkrankung wird als Risikofaktor für die Entstehung von Herzinsuffizienz bewertet. Seltener können Erbkrankheiten, wie zum Beispiel die familiäre Amyloidose, Ursache für eine Herzinsuffizienz sein.
Symptomatik
Eine Herzinsuffizienz kann innerhalb von einigen Stunden oder Tagen (akut) auftreten oder dauerhaft (chronisch) bestehen. Früh auftretende Symptome sind Atemnot unter körperlicher Belastung (zum Beispiel beim Treppensteigen) und eine insgesamt eingeschränkte körperliche Belastbarkeit. Nächtlicher vermehrter Harndrang gehört ebenso wie rasche Ermüdbarkeit zu den frühen Symptomen. Mit voranschreitender Erkrankung oder bei nicht adäquater Therapie kann es zu Wassereinlagerungen (Ödemen) in der Lunge oder in den Beinen kommen.
Abhängig vom Schweregrad der Symptomatik kann eine Herzinsuffizienz in vier Stadien eingeteilt werden: Im ersten Stadium sind noch keine körperlichen Beeinträchtigungen feststellbar. Im zweiten Stadium sind Einschränkungen bei anstrengender Tätigkeit (z. B. drei Etagen Treppensteigen, Gartenarbeit o. ä.) spürbar. Im dritten Stadium sind Beschwerden bereits bei leichter körperlicher Anstrengung zu verzeichnen (leichte Hausarbeit, langsames Gehen). Im vierten Stadium treten bereits im Ruhezustand Symptome, wie Atemnot, auf. Eine körperliche Belastung ist in diesem Stadium nicht mehr möglich.
Diagnosestellung
Damit der Arzt feststellen kann, ob eine Herzinsuffizienz vorliegt, wird zunächst bei einem Anamnesegespräch geklärt, welche Beschwerden der Patient hat und welche Risikofaktoren vorliegen. Eine körperliche Untersuchung folgt, bei der der Arzt Blutdruck und Puls misst und prüft, ob sogenannte Stauungszeichen (Wassereinlagerungen in Lunge oder Beinen) vorliegen. Durch das Abhören des Herzens können Zeichen auf Klappenfunktionsstörungen oder Herzinsuffizienz gefunden werden. Eine Blutuntersuchung kann Hinweise auf eine eventuelle Herzmuskelentzündung geben und Begleiterkrankungen erfassen.
Durch eine Echokardiographie (Ultraschalluntersuchung des Herzens) werden Struktur und Funktion von Herzmuskel, Herzklappen und der Herzbeutel untersucht. Bei mehr als der Hälfte aller Patienten mit Herzinsuffizienz wird eine diastolische Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion der linken Herzkammer (HFpEF: „heart failure with preserved ejection fraction“) diagnostiziert. Bei dieser Form der Herzinsuffizienz lässt sich häufig auch eine erhöhte Konzentration spezieller Hormone im Blut nachweisen. Dazu gehören die Hormone BNP („brain natriuretic peptide“) und NT pro-BNP („N-terminales pro-BNP“), die von „gestressten“ Herzmuskelzellen freigesetzt werden. Ein Elektrokardiogramm (EKG) gibt Auskunft darüber, ob Herzrhythmusstörungen oder eine koronare Herzkrankheit vorliegen. Wenn der Verdacht auf einen Durchblutungsmangel des Herzens besteht, kann der Arzt mit Hilfe einer Herzkatheteruntersuchung feststellen, ob die Herzkranzgefäße verengt oder verschlossen sind und eine geeignete Therapie einleiten.
Therapie
Die Behandlung der Herzinsuffizienz soll behandelbare Ursachen beseitigen, das Herz entlasten, ein Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen und Symptome mildern.
Zu den behandelbaren Ursachen einer Herzinsuffizienz gehören z. B. die Senkung eines erhöhten Blutdrucks, die Behandlung einer Schilddrüsenfunktionsstörung, die Korrektur einer schwerwiegenden Rhythmusstörung oder der Ersatz einer stark verengten Aortenklappe.
Sind Herzkranzgefäße verengt, werden diese mit Hilfe der sogenannten Ballondilatation geweitet. Sind Herzgefäße verschlossen, ist in der Regel eine Bypass-Operation der betroffen Gefäße angezeigt. Dabei wird ein gesundes Blutgefäß aus einem anderen Teil des Körpers verwendet, um das Blut um den blockierten Bereich des Herzkranzgefäßes herumzuleiten.
Zu den Medikamenten, die das Herz entlasten können, zählen Hemmer des Renin-Angiotensin-Systems wie ACE-Hemmer (ACE = Angiotensin-converting enzyme), Angiotensin-Rezeptorblocker und Neprilysinhemmer sowie Betablocker und Aldosteronantagonisten. Auch für die Kombination eines Angiotensinrezeptorblockers mit einem Neprilysininhibitor (ARNI, wie zum Beispiel Sacubitril/Valsartan), konnte ein therapeutischer Nutzen gezeigt werden. Häufig ist auch der Einsatz eines entwässernden Medikaments (Diuretikum) notwendig. Entlastend kann auch eine Beschränkung der täglichen Flüssigkeitszufuhr auf 1,5 – 2,0 Liter wirken.
Mit den SGLT2-Hemmern (SGLT2 = Sodium glucose transporter 2) steht zudem eine neue Substanzklasse zur Behandlung der Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF: heart failure with reduced ejection fraction) zur Verfügung. Diese Substanzklasse der Gliflozine, die auch zur Behandlung von Diabetes Typ 2 zur Anwendung kommen, führen zu einer vermehrten Ausscheidung von Glukose und Natrium über die Niere und wirken somit diuretisch. Zwei Studien, die EMPEROR-Preserved-Studie und die DELIVER-Studie, haben kürzlich positive Ergebnisse für die SGLT2-Inhibitoren Empagliflozin und Dapagliflozin bei Patienten mit Herzinsuffizienz und erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) gezeigt. Basierend auf diesen Ergebnissen können diese Arzneimittel nun auch zur Behandlung von Patienten mit HFpEF eingesetzt werden.
Stand der Forschung und zukünftige Perspektiven
Da verschiedene Mechanismen an der Entstehung einer Herzinsuffizienz beteiligt sind, wird an neuen Wirkstoffen geforscht, die diesen Mechanismen entgegenwirken.
Mehr als 80 % der Patienten mit HFpEF sind entweder übergewichtig oder fettleibig. Es ist daher nicht überraschend, dass Medikamente zur Behandlung von Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen, wie Diabetes, auf größeres Interesse stoßen.
Zudem gibt es einige Wirkstoffe, die in der klinischen Testung sind, oder die aufgrund vorklinischer Ergebnisse hoffnungsvolle Ansätze für weitere Therapieverbesserungen bieten:
- Mitiperstat ist ein Myeloperoxidase-Hemmer, der sich in der klinischen Entwicklung zur Behandlung von Patienten mit Herzinsuffizienz und erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) und Hinweisen auf eine Herzmuskelentzündung befindet. Myeloperoxidase wird bei Entzündungsprozessen von Immunzellen, wie zum Beispiel Makrophagen, vermehrt in das betroffene Gewebe abgegeben und bewirkt eine Zunahme der Entzündung. Durch die Behandlung mit Mitiperstat soll der durch die Entzündung bedingte Umbau des Herzmuskels vermindert werden.
- Semaglutid ist ein GLP1R-Agonist (GLP1R = glucagon like peptide 1 receptor), der sich bereits zur Behandlung von Diabetes und Reduzierung des Körpergewichts bei Adipositas etabliert hat. Aufgrund seiner positiven Wirkungen auf den Glukosestoffwechsel und der klinisch relevanten Gewichtsreduktion wird angenommen, dass Semaglutid auch positive Auswirkungen auf Patienten mit HFpEF und Übergewicht/Adipositas haben könnte.
- Ziltivekimab ist ein Antikörper, der gegen den Interleukin 6 (IL-6)-Liganden gerichtet ist und einmal monatlich unter die Haut gespritzt werden muss. Es wird angenommen, dass eine Blockade der IL-6-Signalübertragung im Herzmuskel bei Patienten mit einer entzündlichen Komponente der Herzinsuffizienz zu einer klinischen Verbesserung beitragen kann.
Auch bei der Charité Research Organisation führen wir immer wieder klinische Studien mit neuen Wirkstoffen gegen Herzinsuffizienz durch. Bei Interesse als Patient an einer solchen Studie teilzunehmen, registrieren Sie sich bitte im unteren Formular. Wir werden uns telefonisch melden und Ihnen gern unsere Studien vorstellen.